Simon Gumbert, von Beruf Werkzeugmacher im Konstruktionsbereich sowie Nebenerwerbswinzer, ist im Elternbetrieb mit den Reben aufgewachsen. Das hat ihn schon immer begleitet. Und dass er hier auf irgendeine Art und Weise weitermachen wird, war ziemlich klar.
Zusammen mit den Eltern hatten sie noch wesentlich mehr Reben zum Bewirtschaften als jetzt. Doch Simon hat sich in den letzten Jahren ganz bewusst verkleinert. Viele Gründe spielten dabei eine Rolle. Immer höhere Auflagen machen die Rebenbewirtschaftung nicht gerade leichter, außerdem können die Eltern altersbedingt nicht mehr so mithelfen wie früher. Dazu kam ein Schlepper-Unfall, der den Winzer für einige Monate aus der Bahn warf. Und der wichtigste Grund: die Familie. Für Frau und Kinder möchte Simon einfach mehr da sein. Und auch seinen Hobbys nachgehen können. So engagiert er sich in der Gemeinde und ist Mitglied im Posaunenchor. Alles muss im Rahmen bleiben, so der Winzer. Dann sind auch die Bedingungen gut zu bewältigen.
Die Tätigkeiten in den Reben sind ein perfekter Ausgleich für die Arbeit im Betrieb. Und Simon lebt dafür. Reben gehören zu seiner Familie. Er fühlt sich auch ein wenig verpflichtet, hier, solange wie möglich, weiterzumachen. Das klappt insbesondere mit der Hilfe seiner Winzerfreunde. Über Samuel Lay kann er seine Rebenstücke maschinell bearbeiten lassen, sowohl bei der Entblätterung als auch beim Herbsten. Insbesondere, wenn eine gute Ernte ansteht. Auch den Pflanzenschutz organisieren beide zusammen. Die gegenseitige Unterstützung macht nicht nur Spaß, sondern ist immens wichtig. Nur so können die Winzer erfolgreich agieren.
Auch „Hobbywinzer“ Simon muss den notwendigen Arbeiten gerecht werden
Das Frühjahr läutet eine heiße Phase für die Winzer ein. In dieser Zeit wird der Grundstein für eine gute Ernte gelegt. Natürlich immer in Abhängigkeit „von Wind und Wetter“. Auch die Erfahrung und ein gutes Händchen spielen hier eine wesentliche Rolle. Der Startschuss fällt mit den ersten Trieben. Ab da sind die Winzer für die kommenden Wochen nahezu permanent in den Reben. Ausputzen, Doppeltriebe entfernen, Heften, Entblättern, Pflanzenschutz. Alles Themen, die jetzt anstehen. Und darüber hinaus super aufeinander abgestimmt sein müssen. Je nach Rebsorte, Lage und Wetter. Für einige Arbeiten stehen sogar nur kurze Zeitfenster zur Verfügung, wie beispielsweise für die maschinelle Entblätterung. Die Trauben müssen schon groß genug sein, damit sie mit ihrem Gewicht nach unten hängen und nicht beschädigt werden. Andererseits dürfen sie aber auch noch nicht zu groß sein, um Verletzungen zu vermeiden.
Simon ist in diesem Jahr seit Ende April unterwegs. Kurz nach dem ersten Austrieb werden die Doppeltriebe weggebrochen. Auch hier bleibt dem Winzer nur eine knappe Zeitspanne. Er wartet jedoch lieber ein bisschen, bis die Triebe schon etwas größer sind, damit er im gleichen Atemzug auch schon die ersten beiden Blätter entfernen kann. Dadurch werden die Trauben von unten belüftet, trocknen besser ab und bilden keine Staunässe. Aber allzu lange warten kann der Winzer auch nicht. Denn wenn die Wachstumsbedingungen optimal sind, kann es sein, dass die Pflanzen bis zu 30 cm pro Woche zulegen. Und dann ist auch schon das erste Mal Heften angesagt, damit die Triebe nicht abknicken. Simon arbeitet mit Wanderdrähten, die er je nach Bedarf einsetzt. In diesem Jahr hat er bereits vier Heftgänge hinter sich. In der Zeit vom Austrieb bis zum ersten Stutzvorgang, was insgesamt drei bis vier Wochen ausmacht, ist arbeitstechnisch kaum ein Ende in Sicht, so der Nebenerwerbswinzer.
Glücklicherweise hat er bei der Entblätterung maschinelle Hilfe. Hier greift er auf die neueste Maschine zurück, die sich die Winzerkollegen Samuel Lay und Markus Kanzinger zusammen angeschafft haben. Die „Schönheitspflege“, also das Nachentblättern, erfolgt bei Simon dann per Hand. Die Reben für die Sonderlese werden sowieso ohne maschinelle Hilfe in Handarbeit entblättert.
Ohne Maschine ist es so gut wie nicht mehr zu stemmen
Die Entblätterungsmaschine ist erst seit einem Jahr auf dem Markt, so Markus Kanzinger. Im November letzten Jahres haben die beiden Winzer darüber diskutiert, ob sie sich die Maschine anschaffen soll. Ein Alleingang ist hier aus finanziellen Gründen kaum möglich. Letztendlich haben sie sich für den Kauf entschieden. Und es keine Minute bereut. Denn die Entblätterung ist eine der wichtigsten Maßnahmen im Sommer zur Gesunderhaltung der Trauben für den Herbst. Die brandneue Entblätterungsmaschine ist viel effizienter als die Vorherige, schwärmt Markus Kanzinger. Das 2005er Modell fuhr mit maximal 2,5 km/h. Jetzt sind sie mit 4 km/h unterwegs. Zudem kombiniert die Maschine zwei Entblätterungstechniken in einem: das Zupfverfahren und das Druckluft-Entblättern. Beim Zupfen werden die Blätter angesaugt und abgerissen. Durch die Druckluft können auch Blätter entfernt werden, die sich innendrin befinden. Darüber hinaus werden die Blütenreste aus den Trauben geblasen, so dass hier kein Pilz entstehen kann. Kompaktere Trauben können auf diese Weise sogar ausgedünnt werden.
Die Maschine kann jedoch nur in gewissen Stadien eingesetzt werden. Man muss auf die Rebsorte und die Klone reagieren. Auch gibt es frühere und spätere Lagen. Und das Wetter spielt ebenfalls eine wesentliche Rolle. Die Entblätterungsmaschine ist nur einsetzbar, wenn es trocken ist. In diesem Rahmen muss man sich bewegen und höchst effizient sowie zügig arbeiten, so Markus Kanzinger. Hier hilft insbesondere die langjährige Erfahrung der Winzer. Aber es ist auch eine Herausforderung. Samuel und Markus müssen sich aufeinander abstimmen und gemeinsam planen. Wenn der eine mit der Entblätterungsmaschine unterwegs ist, kümmert sich der andere in der gleichen Zeit um Pflanzenschutz. Jeden Abend wird die Maschine sauber gemacht und für die Übergabe vorbereitet. Die Winzer haben sich darauf geeinigt, auf einem Schlepper zu arbeiten, um sich die aufwändige Umrüstzeit sparen.
Hand in Hand für das gleiche Ziel
Es geht nur miteinander, bestätigt Markus Kanzinger noch einmal. Das ist wichtiger als je zuvor. Und nicht nur die „großen“ Winzer greifen sich hier gegenseitig unter die Arme. Auch Nebenerwerbswinzer wie Simon Gumbert profitieren von den Vollerwerbswinzern. Denn letztendlich geht es um das gleiche Ziel: im Herbst qualitativ hochwertige Trauben für die feinen Bötzinger Weine einzufahren.