In vino veritas. Und so manche kuriose Geschichte nimmt seinen Lauf. So wie diese vom Prä-Bötzinger Komplex. Die Story dahinter lässt schmunzeln. Täuscht aber nicht über die Tatsache hinweg, dass Bötzingen der einzige Ort ist, dessen Name in der Anatomie verewigt wurde.
Die Funktion des Prä-Bötzinger Komplexes ist schnell erklärt. Das kleine Neuronengeflecht sitzt im Gehirn und steuert die Atemfunktion. Einatmen und Ausatmen. Ist also ein ganz wesentlicher Teil des menschlichen Körpers. Doch wie kam er zu seinem ungewöhnlichen Namen?
Heitere Namensfindung mit Langzeitfolgen
Das Geheimnis der Atemsteuerung konnte im Jahre 1980 gelüftet werden. Hier trafen sich einige Wissenschaftler zu einem Symposium der Heidelberger Universität im idyllischen Örtchen Hirschhorn am Neckar. Die Tatsache, dass der Taktgeber der Atmung ausfindig gemacht wurde, war Grund genug, auf dieses Ereignis anzustoßen. Im Keller des Schlosshotels, wo die Zusammenkunft stattfand, lagerte Spätburgunder Wein. Aus Bötzingen. Der offensichtlich allen Anwesenden mundete und dem auch gut zugesprochen wurde. In ihren Weinfreuden kamen die Wissenschaftler im Laufe des Abends überein, den neu entdeckten Zellhaufen „Bötzinger Complex“ zu nennen. Dem köstlichen Wein zu Ehren.
Jahre musste jedoch festgestellt werden, dass ein unmittelbar benachbartes Neuronengeflecht für die hormonelle Atemsteuerung zuständig ist, also nicht das ursprünglich entdeckte. An der Bezeichnung des „Bötzinger“ wollte man jedoch festhalten. So kam das „Prä“ hinzu. Also heißt es nun ganz exakt „Prä-Bötzinger Komplex“.
Bötzinger Spätburgunder Rotwein hat es in sich
Auch wenn es sich kurios anhört. Diese Geschichte ist nicht erfunden. Sie hat tatsächlich und genauso stattgefunden. Helmut Wicht, promovierter Biologe und Privatdozent für Anatomie an der Dr. Senckenbergischen Anatomie der Johann-Wolfgang-Goethe-Universität Frankfurt am Main, hat diese und weitere Geschichten zum Anlass genommen, das Buch „Anatomische Anekdoten“ zu veröffentlichen. Aufgrund einer launigen Wissenschaftskolumne über diese erheiternde Namensgebung wurde er im Oktober 2008 sogar zu einem Vortragsabend nach Bötzingen in die Winzergenossenschaft eingeladen. Spätere Nachforschungen im Archiv der Winzergenossenschaft haben bestätigen können, dass es sich bei dem entscheidenden Tropfen im Schlosshotel in Hirschhorn tatsächlich um Bötzinger Spätburgunder Rotwein gehandelt hat.
Also, liebe Weinfreunde und -genießer, aufgepasst bei weinseligen Momenten. Viel zu schnell werden hier manche sehr schöne und lustige Entscheidungen getroffen, die im Nachhinein vielleicht keiner mehr so richtig erklären kann. Und insbesondere der Bötzinger Spätburgunder hat es in sich. Aber genau das sind die Geschichten, die das Leben schreibt. Und die wir so lieben. Also prost!