Seit 2016 gibt es ihn nun. 41 unterschiedlich große Tanks stehen einer neben dem anderen in einem kathedralartigen Gewölbe. Es ist kühl hier unten. Und sehr sauber, fast steril. Pro Jahr werden in den Tanks etwa 3,3 Mio. Liter Wein ausgebaut. Das ergibt insgesamt 3,6 bis 3,7 Mio. Flaschen Wein. Solche Dimensionen sind kaum greifbar, vielmehr beeindruckend. Und der Keller ist einer der modernsten. In Kühlmänteln zirkuliert während der Gärung kaltes Wasser um die einzelnen Tanks.
Die Temperatur kann mittels technischer Steuerung konstant gehalten werden. Die Kellermeister haben über Anlage und Bildschirm alles bestens im Blick. So können sie sichergehen, dass die Entwicklung des wertvollen Produktes perfekt abläuft. Doch trotz aller Technik kommt es letztendlich immer noch auf die Kompetenz der „Zweibeiner“ an. Denn die Erfahrung, das Verkosten und das perfekte Händchen für den optimalen Wein liegt bei den Fachleuten vor Ort.
Die Trauben sind hier in den besten Händen
Doch nicht nur die modernen Apparaturen sind von enormem Vorteil, erzählt Kellermeister Heinrich Hoefflin. Er ist fasziniert davon, welche Möglichkeiten des Weinausbaus ihm und seinen Kolleg*innen damit geboten werden. Das beginnt schon bei der Traubenannahme. Hier entscheiden die Weinprofis, welche Trauben in welchen Tank gehen. An jedem einzelnen Herbsttag wird je nach Rebsorte, Qualität und Aussehen der Traube direkt bestimmt, was daraus werden soll. Die Rotweintypen werden von Anfang an getrennt. So wird festgelegt, aus welchen Spätburgunder-Trauben später ein Roséwein oder auch ein Weißherbst entsteht. Und das, so der Kellermeister, wird vom Ausbau bis zur Füllung komplett durchgezogen.
Auch werden Trauben je nach Qualität in größere Einheiten zusammengefasst. Dabei ist nämlich wichtig, dass die Tanks komplett gefüllt sind, also keinen Sauerstoff beinhalten. Andere Trauben wiederum werden gezielt einzeln ausgebaut. Auch das sehen die Kellermeister bei der Traubenanlieferung. Und jedes Jahr ist es anders. Böden und Rebstöcke ändern sich, auch die Witterung spielt immer eine Rolle. Somit kann man nicht sagen, dass jedes Jahr die Trauben von der gleichen Rebfläche eines Winzers etwas Besonderes sind. Das zeigt sich erst bei der Anlieferung. Und hier ist dann wiederum Fachwissen gefragt.
Das professionelle „Spiel“ mit dem Wein
Toll ist auch, schwärmt Heinrich Hoefflin, dass er agieren kann, wie es für die Trauben am besten passt. Die immensen Kapazitäten des Stahltanks geben den Weinexperten hier die Möglichkeit, sehr individuell zu handeln. Auch zu experimentieren. Charge für Charge kann in den unterschiedlichen Behältern gezielt ausgebaut werden. Einige werden als Cuvées zusammengefasst, teilweise auch von Stahltank und Barrique. Wie der Chardonnay, der im Barrique vergoren wird. Andere Chargen wiederum werden weiter einzeln ausgebaut. Wichtig ist, sich am Markt zu orientieren. Beispielsweise, ob derzeit gerade mehr trockene oder liebliche Weine gefragt sind. Um dann natürlich entsprechend zu arbeiten. So wird auch mit unterschiedlichen Hefen ein wenig „gespielt“. Da der Wein ein lebendiges Produkt ist, kann mit wenig oft ganz viel erreicht werden. Natürlich sind hier die Professionalität und Erfahrung der Akteure gefragt.
Immer die Nase im Wind - mit dem Blick nach vorn
Stahltanks eignen sich insbesondere für fruchtige und frische Weißweine. Und natürlich gibt es auch noch den traditionellen Holzfass- und Barrique-Keller. Hier werden ganz besondere Tropfen ausgegoren. Aber das ist noch einmal eine ganz eigene Geschichte.
Heinrich Hoefflin ist stolz darauf, „Herr“ über diese enorme Vielfalt für den Ausbau des Rebensaftes zu sein. Hier ist seine Talentschmiede. Hier werden neue Stars und Sternchen „geboren“. Hier können ganz hervorragende Weine entstehen. Und das ist ja auch ein Ziel der Winzergenossenschaft Bötzingen: immer die Nase ein wenig vorn haben und sich von anderen Betrieben etwas absetzen.