Wein bekommt seinen individuellen und unverwechselbaren Charakter durch das ausbalancierte Zusammenspiel von Alkohol, Süße, Säure, Mineral- und Gerbstoffen. Zusammen sorgen sie für die Frische im Wein und tragen zu seiner Haltbarkeit bei. Wie in jeder Frucht befindet sich Säure schon in den Weintrauben, welche auch im Kelterungsprozess erhalten bleibt und in den Wein übergeht.
Bei der Säure wird nochmals unterschieden zwischen Weinsäure und Apfelsäure. Geschmacklich wird die Äpfelsäure als sehr prägnant wahrgenommen. Etwas, das den Weißwein in der Regel ausmacht, aber nicht wirklich zu Rotweinen passt. Aus diesem Grund wird insbesondere beim Rotwein Säure abgebaut.
Nach Abschluss der alkoholischen Gärung „reinigt” sich der noch junge Wein von selbst, in dem sich der Hefetrub am Boden des Tanks absetzt. Die Kellermeister haben ihre Weine durch tägliche Verkostung unter ständiger Beobachtung und können so gezielt festlegen, wann der richtige Moment für den ersten Abstich ist. Grundsätzlich gibt es hier keinen festen Zeitpunkt, denn jeder Jungwein hat seinen eigenen Werdegang.
Als Abstich wird die Trennung des Jungweins vom Hefedepot bezeichnet. Dies geschieht durch Umpumpen des Weins in einen passenden leeren Tank. Das nach dem ersten Abstich im Wein verbleibende Hefelager wird als Feinhefe bezeichnet.
Aus den Weinbergen nehmen die Trauben eine Mikroflora aus verschiedenen Hefen und Bakterien mit. Diese sorgt oft dafür, dass der Säureabbau spontan beginnt. Insbesondere bei jungen Spätburgunder Rotweinen aus Maischegärung, bei der intensiver Kontakt von Trauben und Saft besteht, schließt sich der biologische Säureabbau unmittelbar an. Unterstützend kann dem Wein im Tank etwas Wärme zugeführt werden, so dass die natürlichen Bakterien aktiv werden und Äpfelsäure in Milchsäure verstoffwechseln.
Oenococcus oeni ist ein wichtiger Partner im Weinkeller
Sollte das Geschehen nicht von selbst in Gang kommen, wird dem Rotwein manchmal ein biologischer Bakterienstamm zugefügt. Mit dem lustigen Namen Oenococcus oeni. Nachdem dieser sich im Wein akklimatisiert hat, vermehren sich die Bakterien und wandeln ganz gezielt die markante Äpfelsäure in milder schmeckende Milchsäure um. Das Ganze nimmt mehrere Wochen in Anspruch. Und kann sogar akustisch nachverfolgt werden. Denn durch den Säureabbau entsteht auch Kohlensäure, die den Wein in Bewegung bringt und das Wasser in den Gärpfeifen blubbern lässt.
Der Prozess läuft unter der Aufsicht von Kellermeister und Weinküferin ab. Regelmäßig wird der Wein untersucht. Sowohl sensorisch als auch analytisch. So lange, bis die Äpfelsäure im Rotwein vollständig abgebaut ist. Ein Vorgang, der übrigens der Sauerkrautbereitung ähnelt, fügt Kellermeister Heinrich Höfflin lächelnd hinzu.
Startklar für die feinen Gaumen der Weingenießer
Nachdem die Bakterien ihre Arbeit getan haben und der Säureabbau abgeschlossen ist, ruht der Rotwein noch etwa vier Wochen im Tank. Während dieser Zeit setzt sich wieder der sogenannte Trub ab. Anschließend wird der Wein von der Feinhefe abfiltriert und kommt nun in Fässer zur weiteren Lagerung. Und später zur Abfüllung – und für den vollendeten Genuss auf den Tisch.
Der 2021er Chardonnay ist nun fertig - und überzeugt
Manche Jahrgänge, so Heinrich Höfflin, weisen einen sehr hohen Säuregehalt auf. So zum Beispiel der Chardonnay aus 2021. Obwohl Weißwein, war die Säure einfach zu hoch und lenkte geschmacklich zu stark von der feinen Aromatik des Weins ab. Auch hier wurden die Tanks ein wenig erwärmt, um den natürlichen Säureabbau in Gang zu setzen. Dieser Prozess konnte vor einigen Wochen beendet, der Chardonnay aus Stahltank und Barriquefass zusammengeführt werden.
Ein feiner Tropfen ist entstanden. „Lecker“, schwärmt der Kellermeister. Zwischenzeitlich ist der Wein abgefüllt. Heinrich Höfflin rechnet damit, dass der 2021er Chardonnay spätestens im April zum Verkauf stehen wird. Einer, der das Zeug hat, in die Riege seiner Lieblingsweine aufzusteigen.