Er ist Ur-Bötzinger, Vollerwerbswinzer und Quereinsteiger. Klar, auch in seiner Familie gab es schon immer Rebflächen, allerdings im Nebenerwerb. Dass er diese irgendwann übernehmen würde, stand eigentlich gar nicht auf seinem Plan. Denn Boris Weigele studierte in Freiburg Forstwissenschaften. Sein großes Ziel war, ins Ausland zu gehen und im Feuermanagement einzusteigen. „Grüne Berufe“ hatten ihn schon immer interessiert. Und im Besonderen die Kombination von Naturschutz und Waldbrandvorsorge.
Aber wie so oft, kommt es ganz anders. Aus verschiedenen Gründen blieb er dann doch. Aber, das war ihm ganz wichtig, wenn schon Deutschland, dann seine Region, sein Kaiserstuhl. Denn dieser Landstrich ist für ihn was ganz Besonderes. Leider war im Bereich Forstwissenschaften keine vakante Stelle verfügbar. Also überlegte der Bötzinger, was er machen könnte. Und hier kamen die Reben wieder ins Spiel. Allerdings mit dem Ziel, sich selbständig zu machen.
Kurzum hängte Boris Weigele an sein Studium noch die Ausbildung zum Winzer ran. Diese absolvierte er im Weingut Salwey in Oberrottweil. Eine sehr gute Wahl, ist er noch heute überzeugt.
Mit einem Quäntchen Glück in die Selbständigkeit
Mit der Übernahme der kleinen Weinberge von seinen Verwandten konnte sich Boris Weigele nach Beendigung seiner Ausbildung im Jahre 2006 jedoch noch nicht selbständig machen. Es waren einfach zu wenig Flächen. Und es war auch sehr schwer, weitere zu erwerben. Also begann er seine Winzer-Karriere beim Schwarzen Adler in Oberbergen. Hier arbeitete er als Außenbetriebsleiter und war für alles zuständig, was mit Weinbau zu tun hat, vom Rebschnitt bis zur Ernte. Er koordinierte die anstehenden Arbeiten und leitete die Mitarbeiter an. Bis er im Jahre 2010 einen Glücksgriff machen konnte. Auch der Schwarze Adler verfügt über eine Erzeugergemeinschaft, wie eine kleine Winzergenossenschaft. Ein Mitglied aus Eichstetten musste aus gesundheitlichen Gründen seine Rebflächen abgeben. Und mit dieser Chance startete Boris Weigele in die Selbständigkeit.
Da er den Vertrag mit dem Schwarzen Adler ebenfalls übernommen hatte, gingen seine Trauben von diesen Rebstücken bisher nach Oberbergen. Die Erträge seiner neu gepachteten Rebflächen in Bötzingen liefert Boris Weigele bei der Winzergenossenschaft Bötzingen ab. Seine Eltern und Verwandten waren schon jeher Mitglied in ihrem Heimatort. In der Zwischenzeit bewirtschaftet der Winzer insgesamt 14 Hektar Rebflächen. Vorwiegend mit Burgundersorten bestückt. Aber auch Müller-Thurgau- und Chardonnay-Trauben sind hier zu finden.
Ökologisch gesehen sind Piwis die beste Wahl
Im kommenden Jahr wird Boris Weigele auch Piwis, nämlich Souvignier Gris, pflanzen. Diese Rebsorte ist nicht nur widerstandsfähiger gegen Schädlinge, sondern findet auch Anklang bei den Kunden.
Dass Boris Weigele mehr ökologisch und nachhaltig unterwegs sein möchte, ist nicht erst heute bei ihm Thema. Das begleitet ihn bereits sein ganzes Leben. Eine Herzensangelegenheit. Nur hat er als Alleinkämpfer oft nicht die Zeit und die Möglichkeit, so aktiv zu werden wie er möchte. Hier könnte seitens des Winzers einfach mehr gehen. Tatsächlich hat er aber bereits einiges erreicht. Er setzt auf biologischen Dünger. Und seit 2015 verzichtet er zu 90 % auf Herbizide. Nur ist das in manchen Jahren in den steilen Anlagen nicht machbar. Natürliche Fungizide halten auch leider nicht allzu lange, so dass die Reben öfters behandelt werden müssen. Also fährt man auch öfters durch die Anlagen. Das ist jedoch nicht Sinn der Sache, so Boris Weigele. Seine Lösung: er setzt auf Piwi-Trauben. Diese benötigen weniger als die Hälfte Fahrten durch die Reben. Ökologisch viel sinnvoller.
Winzer ist nicht nur Beruf, sondern Berufung
Heutzutage Winzer zu sein, ist nicht einfach. Kosten und Aufwand steigen. Was unterm Strich rauskommt, ist oftmals nicht befriedigend. Man muss seinen Beruf lieben. Sich dem verschreiben, was man macht. Sonst kann man nicht erfolgreich agieren.
Boris Weigele ist optimistisch und gut dabei. Auch wenn er nicht davon ausgeht, dass seine noch kleinen Töchter irgendwann den Betrieb übernehmen, möchte er diesen gesund und attraktiv halten. Auch für einen möglichen zukünftigen Nachfolger. Seine Bestrebungen zielen auch ganz klar darauf ab, ökologischer zu werden und sich in Bezug auf Pflanzenschutz permanent zu verbessern.
Seit 2017 ist Boris Weigele Mitglied im Aufsichtsrat der Winzergenossenschaft Bötzingen. Eine der modernsten am Kaiserstuhl. Und qualitativ im oberen Bereich. Die Preise, so findet er, liegen dagegen eher im mittleren Bereich. Aber man muss auch Kompromisse eingehen. Und was er ebenfalls gut findet: man kann „Tacheles“ reden. Das ist ihm wichtig. Auch die Winzerschaft zieht hinsichtlich Qualitätsbestrebungen zum größten Teil mit. Boris Weigele fühlt sich hier gut aufgehoben.
Die Heimat per pedes entdecken
Wandern und Reisen sind die Leidenschaft des jungen Familienvaters. Wurde ihm bereits als Kind in die Wiege gelegt. Derzeit ist er dabei, mit seiner Frau und den Töchtern einmal Deutschland zu durchwandern, vom südlichsten in den nördlichsten Zipfel. Gestartet haben die Weigeles in Oberstdorf. Vor ihren Kindern waren sie sogar mit Rucksack und Zelt unterwegs. Sie orientieren sich dabei am Fernwanderweg E1 und planen nun ihre einzelnen Etappen nach den Ansprüchen aller Familienmitglieder. Denn die Touren werden so gestaltet, wie es mit den Kids am besten geht. Und natürlich auch, wann man sich als Winzer dafür freinehmen kann. Ziel ist, irgendwann Sylt zu erreichen. Und natürlich, ganz besondere Momente und bleibende Erlebnisse für die ganze Familie zu schaffen.