Heute: Tobias Diehr
Das gab es noch nie. Tobias Diehr musste seinen Urlaub frühzeitig abbrechen, um rechtzeitig zur Weinlese da zu sein. Sehr zum Verdruss seiner Familie. Denn es war eine schon sehr lange im Vorfeld geplante gemeinsame Zeit.
Klar, sie hatten damit gerechnet. Konnte man sich ja auch, von der ersten Blüte an, selbst ausrechnen. Das Handy war bei den Diehrs im Urlaub immer mit dabei. Ständig informierte sich der Winzer über den Stand der Dinge und anstehende Termine.
Die ersten zwei Lesetage betrafen die Müller-Thurgau-Trauben. Und da Tobias Diehr sehr viel Müller-Thurgau hat, war er von der ersten Stunde an gefragt. Keine 5 Minuten zuhause, ging es auch schon los. Die zwei Erntehelfer standen bereits zur Verfügung, sein Vorarbeiter hatte schon alles vorbereitet. Und auf diesen ist zu hundert Prozent Verlass, teilt die Helfer immer perfekt ein. Sie sind ein eingespieltes Team, kennen alle Abläufe und wissen Bescheid. Das ist, gerade in solchen Zeiten, Gold wert.
Kaum Muße, sehr viel Zeitdruck, aber eine prima Ernte
Tobias Diehr beschreibt den diesjährigen Herbst als wahnsinnig schnell und straff getaktet. Nichts durfte schief gehen. Und ist es glücklicherweise auch nicht. Für die Cabernet Mitos-Trauben hatte der Winzer beispielsweise nur einen Tag für die Ernte. Bei 55 Ar durfte nichts dazwischenkommen. Der Druck war immer da. Auch die Hitze machte die Arbeit nicht weniger anstrengend. Trotz allem war der Herbst für ihn gigantisch gut. Alle waren hochmotiviert, alles ist gut gegangen.
Tobias Diehr kann sich nicht erinnern, solche zusammenhängend heißen Tage bei der Lese gehabt zu haben. Aus diesem Grund versuchte er auch, die Trauben mehr als einmal am Tag zur Winzergenossenschaft zu fahren, um diese so frisch wie möglich anzuliefern. Dafür ist die Lese in einer überragenden Qualität. Auch mit der Quantität war der Winzer zufrieden. Auf die neuen Weine freut er sich schon immens. Das ist mal wieder ein besonders guter Jahrgang!
Das Wichtigste ist das Miteinander
Auch das Team der Winzergenossenschaft Bötzingen lobt der Winzer über allen Maßen. Die Zusammenarbeit hat sich als hervorragend erwiesen. Die Kommunikation mit den Winzern ist sehr gut, die Atmosphäre bestens. Das ist für jeden Winzer, gerade in diesen spannenden und anstrengenden Wochen, eine wichtige Motivation.
Und natürlich spielt die Familie eine große Rolle. Wenn hier der Winzer keine Unterstützung findet, kann er unmöglich während der Lese solch eine Leistung zeigen. Es braucht einfach eine gute Balance zwischen Arbeit, Familie und Kindern. Verständnis und Unterstützung sind das A und O. Und das hat Tobias Diehr bei Frau Cornelia und den beiden Kids auf jeden Fall.
Eine wichtige Stütze: Die starke Frau dahinter und dabei
Cornelia Diehr stand in diesem Jahr während der Lese ebenfalls unter Druck. Dass der gemeinsame Familienurlaub unterbrochen werden musste, hat sie (und die gesamte Familie) nicht gerade glücklich gemacht. Verständlich. Jetzt muss generell über die Urlaubsplanung nachgedacht werden. Um beim nächsten Mal auf der sicheren Seite zu sein.
So oft es ging, war die Winzerfrau bei der Handlese mit dabei. Und sie ist sehr froh, dass alles so gut geklappt hat. Das Team war stets fröhlich, es wurden Witze auf deutsch-rumänisch gemacht, alle hatten Spaß bei der Arbeit.
Und eins ließ sich Cornelia Diehr auch nicht nehmen. Das eine oder andere Vesper musste beim diesjährigen Herbst aus Zeitgründen gestrichen werden. Aber auf das gemeinsame Morgenvesper nach den ersten Arbeitsstunden hat sie auch in diesem Jahr bestanden. Extra dafür stand sie stets am Vorabend in der Küche und hat gebacken. Entweder herzhaft oder süß. Aber es gab zum Kaffee immer etwas auf die Hand. Und auch das hat den Zusammenhalt und die Gemeinsamkeit während der Lese enorm gestärkt.
Sohn Max weiß, worauf es ankommt - und hat Spaß dabei
Auch Max Diehr, 15 Jahre, konnte während des Herbstes mit anpacken. Lagen die ersten anderthalb Lesewochen ja noch in den Schulferien. Ihm hat es richtig viel Spaß gemacht. Soweit es ging, war er jeden Tag mit dabei, ist mit dem Traktor und den Bottichen hinterhergefahren. Aber auch bei der Handlese war er aktiv. Tobias ist stolz auf seinen Sohn. Eine große Entlastung und enorme Unterstützung, lobt er ihn.
Aber auch unterm Jahr greift Max seinem Vater unter die Arme, beispielsweise beim Anklammern der Triebe oder Stämme putzen. Umso schöner ist es, im Herbst den Erfolg zu sehen und bei der Ernte dabei zu sein.
Ob Max mal in die Fußstapfen seines Vaters treten möchte, weiß er noch nicht. Aber ein gutes Gefühl, dass ihm diese Möglichkeit offensteht.
Viel Erfahrung, wichtige Hilfe und immer auf Achse
Manfred Diehr, fast 82 Jahre, ist bei der Weinlese in seinem Element. Lange Zeit war er hauptberuflich Landwirt und Winzer. So einen schnellen und frühen Herbst hat er bisher nur einmal erlebt, in den 70er Jahren. Immer nach der Getreideernte Ende August konnte er mit seiner Familie in den Urlaub gehen. Das war für ihn die perfekte Zeit. Die notwendige Arbeit war getan, die Lese stand noch aus.
Am 2. September rief seine Mutter an, dass er unbedingt nach Hause kommen muss. Der Herbst geht los. Am nächsten Tag war er da. Und dann ging es Schlag auf Schlag. Es war ein Jahr mit vielen Regentagen. Die Trauben mussten damals vor einer etwaigen Fäulnis geerntet werden.
Manfred Diehr ist ein Winzer voller Leidenschaft. Solange es ihm die körperliche Kraft erlaubt, ist er jeden Tag in den Reben. Die frische Luft in der Natur tut ihm gut, die Arbeit macht ihm Spaß. Und es sind insbesondere Handarbeiten, die normalerweise viel Zeit wegnehmen, aber unbedingt gemacht werden müssen. Beispielsweise das Mähen der Böschungen mit der Sense oder das Reparieren abgeschnittener Drähte bzw. vom Vollernter herausgerissener Verankerungen. Und am liebsten kümmert er sich um die Jungfelder. Diese zu pflegen und aufzuziehen, bereitet dem Rentner besonders viel Freude. Es ist schön zu sehen, wie sie wachsen und gedeihen. Und am Ende wird man für alle Mühen belohnt. So auch bei der diesjährigen Lese.
Und den Herbst nehmen Vater und Sohn auch immer zum Anlass zum Fachsimpeln. Was hat man in diesem Jahr richtig oder auch falsch gemacht. Auf was sollte in der nächsten Saison geachtet, ggf. anders gemacht werden. Wo könnten Arbeitsschritte möglicherweise eingespart werden. Wo müssen noch mehr Kraft und Zeit investiert werden. Eine Mischung aus Reflektion und Erfahrung, die den Winzern dann in der nächsten Saison auf jeden Fall zugutekommen.
Tobias Diehr ist sehr glücklich, stolz auf seine Familie und auf eine prima Ernte. Die Saison 2021 kann kommen.